Nachdem wir nun die ein oder andere Strecke mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurück gelegt haben, kann ich das ein oder andere zum israelischen Nah- und Fernverkehr sagen. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass man ankommt. Meistens sogar recht pünktlich. Dabei hatte ich nie das Gefühl, dass es einen wirklich großen Unterschied macht, ob man Bus oder Bahn fährt. Vielmehr fand ich die Busfahrten angenehm, da sie den gleichen Komfort bieten wie Züge (ja, WLAN und USB-Ladeports) und trotzdem ähnlich lange aber zu einem günstigeren Preis fahren.
Während ich diese Zeilen schreibe, fährt der Bus in einen Stau, der sich in den nächsten zwei Stunden nicht auflösen würde – und der restliche Tag würde mich auch lehren, was es wirklich heisst, mit den „Öffis“ unterwegs zu sein. Nämlich, dass reisen auch in Zeiten von WLAN, USB-Ladeports, Apps und GPS auch immer noch spannend sein kann. Das war am 02. Februar – seitdem hat sich meine Ansicht über das israelische Transportwesen zwar nicht grundsätzlich geändert, aber: Aber es gibt ein paar neue Anekdoten, die ich erzählen kann. Aber ich habe viel mehr Gelassenheit gelernt. Aber irgendwie funktioniert es dann doch ganz gut.
Aber von vorne:
Der Tag, an dem ich den Beitrag ursprünglich im Bus schreiben wollte, war der Tag, an dem wir von der ersten Farm zur zweiten Farm fahren. Natürlich und standesgmäß mit dem Bus. Eine Zwischenstation machen wir in einer Stadt namens Bnei Brak, um unsere Volunteer-Visa zu bekommen. Das ist aber noch mal eine ganz andere Geschichte… Von Bnei Brak wollen wir dann in den Norden des Landes fahren, nach Galiläa. Dort müssen wir bis 18:00 Uhr sein, da die neuen Gastgeber einen Termin am Abend haben. Die Fahrt soll je nach Verbindung zwei bis zweieinhalb Stunden dauern. Da wir als Abfahrtszeit etwa 14:00 Uhr anpeilen, sollte das ja auch kein Problem sein.
Denkste!
An den Bushaltestellen steht man in der Regel nicht alleine.
Der Betrieb des favorisierten Bus‘ sei geändert, das zeigt auch die Reise-App „Moovit“ bereits an. Wir sind uns nicht sicher, ob es mit der Baustelle zu tun hat, die wir unweit der Haltestelle sehen und gehen eine Haltestelle weiter. Dort kommt eben der Bus aber trotzdem nicht und so suchen wir uns aus den Vorschlägen der App eine Alternative. Diese kommt zwar, aber die Reiselust ist auch nur von kurzer Dauer, denn nach zwei Haltestellen stottert der Motor und das Gefährt kommt zum Stehen. Da kaum einer Englisch spricht, gestikuliert sich Franzi durch die Situation – und während sie noch mit einer Gruppe orthodoxer Jugendlicher versucht zu klären, was der Stand der Dinge ist, sieht sie den Bus den wir ursprünglich nehmen wollten. Mit viel Gewinke kriegt sie ihn zum Stehen und so können wir die Fahrt zwar mit einiger Verspätung aber zumindest von der Strecke her wie geplant fortsetzen.
Nach dem morgendlichen Stau und den motorbedingten Schwierigkeiten dauert die Fahrt nun schon eine ganze Weile. An die Gastgeber wurde kommuniziert, dass es immer später wird. Noch jedoch haben wir das Gefühl, dass wir, wenn auch knapp, so doch aber noch vor der anvisierten Deadline ankommen werden. Noch vor der nächsten Möglichkeit zum Umsteigen fährt der Bus auf offener Strecke allerdings rechts ran. Ein Blick durch den Bus offenbart, dass wir die letzten Fahrgäste sind. Der Busfahrer erklärt im gebrochenen Englisch, dass er eine 12-Stunden-Schicht hatte und er jetzt keinen Meter mehr fahren werde. Es sei ein Ersatzfahrer angefordert aber er wisse auch nicht, wann der genau kommen werde… So jedenfalls schaffen wir es nicht bis 18:00 Uhr zum Ziel. Wir verständigen die Gastgeber und fahren von unserem Standort aus mit drei weiteren Bussen nach Haifa, wo wir die Nacht verbringen und am nächsten Tag ohne größere Hindernisse auch die neuen Gastgeber erreichen.
Trotz dieser wirklich sehr schief gelaufenen Reise würde ich immer noch sagen, dass das Reisen in Israel mit dem öffentlichen Personennahverkehr gut funktioniert. Das hat nach meiner Einschätzung ein paar Gründe: zum einen ist das Land klein, sodass sich selbst lange Busfahrten auf ein paar Stunden beschränken. Darüber hinaus gibt es z.B. um Tel Aviv herum auch extra Fahrbahnen, die Bussen und Fahrzeugen mit mehreren Insassen vorbehalten sind. Auch das hilft beim schnelleren Vorankommen. Dadurch, dass das Angebot auch angenommen wird, scheinen sich auch sehr gute Preise zu ergeben. Selten zahlen wir deutlich mehr als zehn Euro um von A nach B zu kommen. Für die Fahrt von Tel Aviv in den Süden haben wir zum Beispiel weniger als fünf Euro gezahlt. Der Preis unterscheidet sich je nach gewählter Strecke und je nach gewählter Busgesellschaft allerdings schon, jedoch haben wir noch keine Möglichkeit gefunden, den Preis vor Abfahrt irgendwo einigermaßen verlässlich nachzuschlagen.
Manche Busse sind wirklich sehr liebevoll dekoriert. Wobei sich hier der Anlass nur erahnen lässt.
Grundsätzlich kann ich also jeden Reisenden in Israel nur ermutigen, sich auf das Abenteuer „Öffis“ einzulassen. Man sollte etwas Zeit einplanen, da grade die Busse nicht exakt fahren und die angegebenen Zeiten meist eher Richtwerte sind. Aber ankommen wird man in den meisten Fällen schon wie geplant. Beachtet werden muss natürlich, dass in der Zeit von Freitag Nachmittag bis Samstag Nachmittag in der Regel keine Öffentlichen fahren, da auch sie die Shabbat-Ruhe beachten. In Tel Aviv wiederum gilt das aber nicht. Aus eigener (leidvoller) Erfahrung kann ich auch sagen, dass der ersten Bus am Samstag Abend voll sein wird, da dann viele wieder zurück reisen. Wo auch immer dieses „zurück“ liegen mag.
Für das einfachere Bezahlen hat Israel vor längerer Zeit ein System namens „Rav Kav“ eingeführt. Die „Rav Kav“ ist eine kreditkartengroße Karte, auf der man Guthaben speichern kann und mit der der Bus oder die Bahn bezahlt werden kann. Das funktioniert in den meisten Bussen auch ganz gut – unser Pech war, dass natürlich just der erste Bus, der uns fahren sollte, die Rav Kav nicht akzeptierte. So sind wir die ersten Meter in Israel tatsächlich auf Kulanz des Fahrers gefahren. Es blieb dann aber auch der einzige Bus, der die Karte nicht akzeptierte. Darüber hinaus werden die Fahrkarten direkt auf der Karte gespeichert, sodass neben dem Zusammensuchen von Kleingeld auch das lästige Hantieren mit einem Zettel entfallen könnte, wenn es konsequent gemacht werden würde. Darüber hinaus kann man mit NFC und einer entsprechenden App die Karte auch über das Handy wieder mit Guthaben aufladen, die Fahrdaten auslesen und dergleichen mehr. Ich fand in der Zeit, in der meine Karte funktionierte diese im Zusammenspiel mit der App echt gut und praktisch.
Die App „Moovit“ hilft ungemein beim Bus- und Bahnfahren.
Eine weitere App, die beim Reisen mit den Öffentlichen unverzichtbar ist, ist „Moovit“. Sie erleichtert das Reisen im Land ungeheuer. Zwar kann man keine Tickets kaufen, wie man es beispielsweise von der Bahn-App kennt, dafür sucht die App unabhängig vom Betreiber die beste Verbindung raus und reagiert auch bei Verspätungen oder Ausfällen gut. Per GPS-Tracking wird dann die Reise verfolgt und es gibt rechtzeitig vor der ausgewählten Haltestelle einen Hinweis, das man aussteigen muss. Auch Umstiege werden durch die App gut angeleitet und die Laufwege, falls es welche gibt, gut angezeigt.
Ich fand das Reisen mit den Bussen in Israel jedenfalls recht einfach und angenehm, auch wenn es von Zeit zu Zeit zu einigen unvorhersehbaren Abenteuern führte.
Nachdem wir tolle vier Wochen bei der ersten Farm in der Nähe Tel Avivs verbracht hatten, wurde es Zeit sich um eine neue Farm zu kümmern. Um möglichst viel vom Land sehen zu können, hatten wir uns bereits im Vorfeld unserer Auszeit dazu entschieden, in regelmäßigen Abständen die Farmen zu wechseln und mit jedem Wechsel eine andere Region kennen zu lernen. Israel ist geographisch und klimatisch gesehen äußerst vielfältig, gibt es doch die Negev Wüste mit trockenen, heißen Sommern und wenig Vegetation im Süden mit Grenzlinien nach Jordanien und Ägypten, aber eben auch eine gemäßigte Zone mit üppig grüner Vegetation von Tel Aviv bis zur Grenze zum Libanon im Norden. An der Grenze zum Libanon gibt es sogar ein Skigebiet am Berg Hermon, auf dem auch zur Zeit Schnee liegt – wenn auch nicht ausreichend, um Wintersport zu treiben.
In der Nähe von Tiberias, in Galiläa, so entschieden wir, sollte also die nächste Farm liegen. Galiläa dürfte jedem, der im Religionsunterricht ein wenig aufgepasst hat, ein Begriff sein: der Geburtsort Nazareth sowie der primäre Wirkungskreis Jesu, um mit Kana, dem See Genezareth und Tiberias nur wenige Beispiele zu nennen, liegt in Galiläa. Einen Exkurs zu biblisch-historischen Orten werden wir vielleicht in einem anderen Beitrag vornehmen.
Nun schrieben wir also eine Farm an, die in allererster Linie Ziegen hält und aus deren Milch Käse herstellt. „Was für eine interessante Farm!“, dachten wir und hofften darauf, viel über die Tiere, deren Haltung und vielleicht sogar über die Käseherstellung lernen zu können, und dies darüber hinaus in der grünen Hügellandschaft Galiläas. Auf unsere eine halbe DIN A4-Seite umfassende Anfrage, in der wir ein bisschen was über uns erzählten, kam die ausführliche Antwort „You can come“. Übliche Antworten anderer Farmen waren eher „You sound great, we would love to have you here“ oder „It’d be great to have you guys here to help us out“. Die darauf folgende Kommunikation kündigte sich somit als Vorbote dessen an, was uns dort noch erwarten sollte.
Die Hinfahrt gestaltete sich mehr als abenteuerlich: nachdem wir in der Behörde, die uns unser Volunteer-Visum ausgestellt hat, satte zwei Stunden statt der angedachten zehn Minuten verbracht hatten, kam der Bus nicht, den wir eigentlich nehmen wollten. Die dann gefundene Alternative blieb nach zwei Haltestellen mit einem Motorschaden liegen. Als wir gerade im Begriff waren, per App eine Alternative C zu ermitteln, sahen wir zufällig den ursprünglich gewählten Bus und konnten ihn heranwinken, um einzusteigen. Kaum auf der Autobahn gerieten wir in einen Stau, der seinesgleichen suchte: ganze zwei Stunden benötigten wir für etwa 5 km.
Blick über die Farm in Richtung von Kana und Nazareth, Galiläa
So gegen 16:00 Uhr stellten wir fest, dass wir es bis 18:00 Uhr, dem zeitlichen Limit unserer neuen Gastgeber, nur mehr knapp bis zu deren Farm schaffen würden. Final besiegelte jedoch der Busfahrer unser Schicksal an diesem Tag, denn er hielt recht unverhofft an und verkündete, dass er eine 12 Stunden Schicht hinter sich habe und wir nun auf einen neuen Busfahrer warten müssten. Kurzerhand entschieden wir umzuplanen und die Nacht in Haifa zu verbringen. Nach drei weiteren Bussen strandeten wir in einem gemütlichen Hostel mit gesprächigem Inhaber, das erst kürzlich eröffnet hatte: das Backpackers Nest Hostel. Hier konnten wir dann noch einmal Luft holen und genossen bei Pizza, Chips und Bier den unverhofften Abend.
In den nächsten Tagen sollte sich der Spruch bewahrheiten, dass wir auf das Schicksal hätten hören sollen, als es mit allen Mitteln versuchte uns davor zu bewahren, auf dieser Farm anzukommen…
rustikales Ambiente bestimmte die Farm – bei warmen Temperaturen wäre das bestimmt auch kein Problem gewesen
Der erste, optische Eindruck der Ziegenfarm war eindrucksvoll. Wir wussten, dass die Farm von den Eigentümern in jahrelanger Eigenarbeit erbaut worden war. Es gab mehrere kleine, gemauerte Gebäude, einen etwa 100 m langen Stall, der in mehrere kleine Sektionen unterteilt war sowie daran angehängt die Melkstation. Viele Türen, Gatter und Säulen sind mit ausgesuchten Mustern handbemalt worden, teilweise auch von Freiwilligen, wie wir von der Beschreibung der Farm auf der WWOOF-Webseite gelesen hatten. Sowieso hatten wir die meisten Informationen über unsere Gastgeber und ihre Arbeit von einem kurzen Beschreibungstext bei WWOOF – von ihnen selbst bekamen wir nur spärlich Informationen. Konversation beschränkte sich beim Frühstück oder Abendessen zumeist auf Aufgaben, die wir zu erledigen hatten. Nach dem ersten Tag dann auch darauf, was wir anders hätten machen sollen, weil…
Tägliches Säubern der Melkstation
Grundsätzlich ist damit auch schon alles zur Kommunikation unserer Gastgeber mit uns gesagt. Denn leider beschränkte es sich in den nächsten Tagen darauf, zugerufene kurze Arbeitsanweisungen zu befolgen und sich in der Regel danach erklären zu lassen, was wir falsch gemacht hätten. Dabei waren wir als Wissenschaftler natürlich wissenshungrig und wollten gerne mehr über die Farm, das Land, die Tiere und die Hintergründe unserer Tätigkeiten wissen. Die häufigste Antwort war dann aber leider zumeist etwas im Sinne des „You will learn“ oder „slowly, slowly“. Dabei waren die Fragen teilweise auch durchaus wichtig für unsere Arbeit und, so krass das klingen mag, entscheidend über Leben und Tod. Nicht von Menschen zwar, so doch aber von den frisch geborenen Ziegen und Schafen. Was wir uns aus den Informationen und den Beobachtungen mit der Zeit zusammenreimen konnten, war, dass zu früh geborene Tiere Schwierigkeiten mit dem selbstständigen Trinken haben, ebenso wie, dass sehr junge Ziegenmütter nicht wissen, dass sie ihren Babies das Trinken beibringen müssen. Was macht man also, wenn eine Ziege gebiert, wie geht man mit dem Neugeborenen um, wenn die Mutter es nicht trinken lässt, was geschieht mit Totgeburten, was, wenn zugefüttert werden muss, aber die Zicklein nicht trinken, was dann? „Slowly, slowly you will learn“. Nun, aber die Zicklein im Zweifel nicht mehr, weil es dann zu spät ist.
Der Versuch, ein Zicklein aus der Säuglingsstation zu seinem Glück zu zwingen und es zu füttern, musste in den meisten Fällen abgebrochen werden, weil wir nicht wussten, was wir noch probieren sollten
Sicherlich kann man bei 200 Tieren nicht zu jedem eine enge Beziehung aufbauen, für uns aber schien es unmenschlich, die Tiere einfach sterben zu lassen. Noch dazu, weil wir uns verantwortlich fühlten, da die Aufgabe des Fütterns an uns herangetragen worden war. Aber was, wenn wir die Tiere aufgrund von fehlenden Angaben nicht füttern können? Mehrmaliges Nachfragen blieb unbeantwortet. Für uns eine frustrierende und undankbare Arbeit, die uns nach einer Weile nur noch wütend werden ließ. Nichts konnten wir tun und so fühlten wir uns bei jedem Zicklein, das starb, ohnmächtig hilflos. Wohlgemerkt, am letzten Tag unserer kurzen Zeit auf der Farm wurde uns schließlich gezeigt, dass die Zicklein die Flasche in den Hals geschoben kriegen, um sich kontinuierlich an der Milch zu verschlucken, die ihnen aufgezwungen wird – Milch getrunken haben sie dadurch auch nicht wirklich. Was hingegen effektiver war, war die Mutterziegen dazu zu zwingen, ihre Babies trinken zu lassen, indem man sie an den Hörnern festhält und einen kräftigen Klaps auf die Flanke gibt, wenn sie Anstalten machen, die Kleinen wegzudrängen. Fazit: bei Tierhaltung darf man nicht zimperlich sein und Arbeit beginnt mit Tierfütterung früh morgens und endet mit Tierfütterung spät abends. Neun bis zehn Stunden Arbeiten waren für uns bei dieser Farm an der Tagesordnung.
Gesunde und muntere Zicklein
Und etwas anderes rückte parallel dazu in unsere Wahrnehmung, was uns dann auch eine Weile und leider nicht nur auf dieser Farm begleiten würde: „klassisches“ Rollendenken, ganz im Sinne der 1950’er Jahre. Fragen wurden in der Regel und hauptsächlich in Krischans Richtung beantwortet, egal, wer sie gestellt hatte. Franzi wurde bei körperlicher Arbeit immer außen vor gelassen, auch wenn sie sie durchaus hätte bewerkstelligen können. Hier gilt noch, dass der Mann die körperliche Arbeit erledigt und die Frau dafür zu sorgen hat, dass Haus und Hof in Ordnung sind und das Herdfeuer stets geschürt und genutzt wird. Na herzlichen Dank…
Die Hundewelpen waren ein echter Lichtblick, da sie gut genährt und immer verspielt waren
Neben dieser emotionalen Kälte führte auch die tatsächlich einsetzende physische Kälte, nachts lagen die Temperaturen um den Gefrierpunkt, zu einem sehr unangenehmen Klima, dass abend- und nächtliches Frieren normal werden ließ und Körper und Gedanken einfror. Da wir in dem uns zugewiesenen Zimmer wie auch in großen Bereichen der Farm kein fließendes warmes Wasser hatten, sprang nach einiger Zeit die Haut an den Händen auf und die stets kalten Füße wurden ein ewiger Begleiter. Nun würde man vermuten, dass man all das ja nach einer warmen Dusche am Ende des Tages hätte vergessen können. Allerdings war die Dusche am anderen Ende der Ställe und in einem sehr schlechten Zustand. Sie habe warmes Wasser, wurde uns versichert. Allerdings konnte man an der Armatur vorbei in die Landschaft gucken und beheizt war der Raum nicht. Ausprobiert haben wir sie somit nicht (hmmm… Ziegendung, ranzige Milch und Geburtsschnodder…). Zu weit der Weg, zu ungeschützt die Dusche, viel zu kalt die Umgebung und zu dreckig die gemauerte Duschkabine. Auch der im Zimmer stehende Ofen stellte sich nur bedingt als Hilfe heraus. Zwar konnte er in überschaubarem Maße Wärme spenden, doch ging das einher mit einer enormen Rauchentwicklung, die sich trotz (oder vielleicht wegen) des selbstgebauten Abzugs im Zimmer verteilte und schnell die Augen tränen ließ. Wirklich gewärmt wurde man nur, wenn man direkt vor dem Ofen saß. Wo wir wieder bei der eigenen Heizung wären… „Krischaaaaaan?“ 😀
Trotz der schönen Aussicht war die Toilette doch auch stets sehr zugig. Und wirklich hygienisch…?
Nach ein paar Tagen kam dann noch Unterstützung in Form eines jungen Amerikaners, der auch auf der Farm arbeiten wollte. Zu diesem Zeitpunkt stand aber für uns auch schon fest, dass wir die Farm nach einer Woche verlassen wollten. Unseren Gastgebern gaben wir zwei Tage Vorwarnung. Nicht weiter überraschend war es dann, dass unsere Gastgeberin nach unserer Ankündigung die Schuld in der schwierigen und fehlerhaften Kommunikation bei uns sah und nicht bei ihrem Mann, dessen Humor wir nur nicht verstünden und und und… Er für seinen Teil machte später Witze darüber, dass wir nicht bei dem „bösen, bösen alten Mann“ bleiben wollten. Konstruktiver Umgang mit Kritik geht definitiv anders.
Die offene Küche der Farm, mit Katzen die Superkräfte besitzen, denn sie können Küchenschränke und Dosen öffnen (kein Scherz)Der Hexenkessel durfte nicht fehlen im Haus der… oh warte, das ist die SpüleSalat, Reis und Aubergine mit ein wenig Ziegenkäse gab es jeden Tag
Zuguterletzt hatte das Ganze auch noch ein sehr unschönes Nachspiel, da Franzis Hände durch die ständige Kälte und das Hantieren mit kaltem Wasser derart in Mitleidenschaft gezogen worden waren, dass wir in Nazareth ins Krankenhaus gegangen sind. Es waren starke Hautschwellungen an einigen Gelenken und Fingergliedern aufgetreten, die es bald nahezu unmöglich machten die Finger zu beugen. Am ersten Abend, an dem die Hände wieder warm werden konnten, nämlich im Hostel in Nazareth, wurden die Hautschwellungen fast unerträglich. Waren es Frostbeulen? Eine allergische Reaktion? Oder sogar eine bakterielle Infektion?
„These hands have seen some work“ – Kommentar unserer neuen Gastgeberin der dritten Farm am Tag unserer Ankunft
Im Krankenhaus haben sich etwa fünf verschiedene Ärzte die Hände angesehen und unterschiedliche Theorien dazu entwickelt, was es sein könnte. Ein Blutbild gab keine weiteren Erkenntnisse. Entsprechend breit wurde dann mit Schmerzmittel, Antihistaminikum und Steroiden behandelt – die verschriebenen Antibiotika hat Franzi sich vorerst nicht in der Apotheke geholt und schlussendlich glücklicherweise auch nicht gebraucht. Mit einer reichhaltigen Pflege, Wärme und weniger Belastung nahmen die Schwellungen innerhalb von ein paar Tagen wieder ab. Der Nachhall der Eindrücke auf dieser Farm blieb uns jedoch um einiges länger noch erhalten.
Raubtierfütterung
Unterm Strich war es eine Lektion in vielen Dingen, die wir seit dem sehr viel genauer im Auge behalten: haben wir einen geregelten Tagesablauf? Wird von uns Arbeit über die bei WWOOF üblichen sechs Stunden hinaus erwartet? Können wir unsere Freizeit gestalten und auch die Wochenenden zum Reisen und Sightseeing nutzen? Werden wir ernst genommen, wird auf Augenhöhe kommuniziert und wird unsere Arbeit angemessen berücksichtigt? Nach einer Woche brachen wir also auf zu einer neuen Farm, die Gutes versprach. Und so viel sei vorweg genommen: die Anreise war völlig problemfrei.
Bei der Planung unserer Anreise von Tel Aviv zu unserer ersten Farm fiel uns die Lage des Ortes sofort ins Auge: auf Google Maps liegt Sha’arei Tikva hinter der Grünen Linie und somit im offiziell als Westjordanland bezeichneten palästinensischen Gebiet. Da unsere Gastgeber hebräische Namen hatten, war uns nicht ganz klar, auf was wir uns dort einlassen würden: sind unsere Gastgeber sogenannte „Siedler“? Also Israelis, die illegal aber unter staatlicher Duldung palästinensisches Land bebauen und bewirtschaften? Wie würde es sich für uns anfühlen in einer Siedlung zu leben, in der möglicherweise die Überzeugung herrscht, dass das gesamte Gebiet vom Jordan bis zum Mittelmeer den jüdischen Israelis, und nicht etwa den dort möglicherweise zuvor ansässigen arabischen Palästinensern gehört?
An dieser Stelle ist vielleicht bereits zu erahnen, dass der israelisch-palästinensische Konflikt hier vor Ort plötzlich nichts Abstraktes mehr ist. Er ist real und allgegenwärtig. Eine Reise nach Israel kann man nicht unternehmen und weiterhin so tun, als „hätte man mit Politik eigentlich nichts am Hut“. Mit einem Mal sind Themen an der Tagesordnung, die ich in Deutschland meist weit von mir weg schieben konnte, zugehörigen Ausreden derer gab es viele: von zu viel Arbeit im Alltag, keine Zeit die Nachrichten zu verfolgen, „Betrifft mich ja nicht direkt.“ bis hin zu „Es gibt im Moment Wichtigeres.“. Abgesehen davon, dass dieser über Jahrzehnte andauernde Konflikt inzwischen so viele neue Facetten und Verwicklungen hinzugewonnen hat, was es schwierig macht, in den Kategorien falsch oder richtig zu denken.
2014 errichteter Grenzzaun zwischen israelischem Staatsgebiet und palästinensischem Autonomiegebiet
Wo sind wir hier?
Trotz der Unklarheiten
entschieden wir uns dafür, nach Sha’arei Tikva zu fahren. Mit dem Bus
passierten wir keinen Checkpoint, obwohl die Grenzlinie auf Google Maps solches
hatte vermuten lassen. Aber uns stach eines sofort ins Auge: entlang der
Autobahn schlängelte sich ein 100 bis 200 Meter breiter Grenzstreifen, der
mehrfach durch unüberwindbar hohen Stacheldraht abgesichert war. Wo sind wir
hier?, fragten wir uns. Unsere Gastgeber würden uns aufklären, aber dazu später
mehr.
Unsere Gastgeber empfingen uns herzlich, ebenso wie zwei andere Freiwillige, die am Vortag angereist waren. Der erste Eindruck, da sind wir ganz ehrlich, war gemischt. Für die Freiwilligen gibt es im Keller des Hauses ein gemeinsames Zimmer mit zwei Einzel- und einem französischen Bett, dazu einen Gemeinschaftsraum mit Küche und ein Badezimmer. Der „Schlafsaal“ hat keine Fenster, während alle anderen Räume liegen zur Nordseite und bekommen somit zumindest etwas Tageslicht ab. Die Räume wirkten im ersten Moment kahl und etwas lieblos, zudem gab es keine Heizung und die erste Nacht froren wir wie Schlosshunde (ich war froh, meine eigene Heizung namens „Krischan“ mitgebracht zu haben 😉). Zum Kochen gibt es einen Gasherd, aber lediglich einen kleinen Topf, dazu einen Wasserkocher und einen Mini-Backofen. Die ersten Tage teilten wir uns die Räumlichkeiten mit den zwei anderen Freiwilligen, zwei junge Abiturienten aus Deutschland. Wir gingen abends nach der Arbeit zusammen im örtlichen Supermarkt einkaufen und kochten zusammen – die zwei waren nett, aber wirklich warm wurden wir nicht miteinander, was sicherlich auch den Gesamtumständen geschuldet war. Nach fünf Tagen reisten die zwei aber sowieso weiter zu ihrer nächsten Station, was für uns einen deutlichen Gewinn an Privatsphäre und eine Akklimatisation in unserem Tempo erlaubte. Auf neue Lebensumstände kann man sich gedanklich zwar ein bisschen vorbereiten, aber wenn man drinsteckt, ist es eben doch nochmal was anderes.
Das Haus liegt an einem Hang, oben gibt es einen zwischen hohen Palmen, Mandarinenbäumen und anderen Büschen und Bäumen versteckten, ebenerdigen Eingang zur Wohnung unserer Gastgeber. Links vom Haus führt eine Treppe nach unten zum ebenerdigen Eingang zur zweiten Wohnung, in der sich neben den Räumlichkeiten für die Freiwilligen ein Gästezimmer und ein Behandlungsraum für Gemmas Heiltherapien befinden. Wenn wir aus unserer Wohnung treten, befinden wir direkt im Garten. Hier stehen wunderschöne Zitronen-, Pomelo-, Feigen-, Oliven- und Granatapfelbäume, es gibt eine Hängematte und einen Pool, der zurzeit allerdings viel zu kalt ist, um ihn zu benutzen. Darüber hinaus haben sich unsere Gastgeber vergangenes Jahr einen Hühnerstall gebaut und halten sich eine Handvoll Hühner, die vermutlich ab März, entsprechend ihres natürlichen Zyklus, wieder Eier legen werden. Hinter dem Haus liegen etwa 300 Meter öffentliches Land, das an dem dem Haus gegenüberliegenden Ende durch den – da ist er wieder – Grenzstreifen vom dahinterliegenden palästinensischen Gebiet getrennt ist. Wo sind wir hier eigentlich? Unsere Gastgeber klären uns über Sha’arei Tikva auf: es handelt sich um eine bereits mehrere Jahre alte, illegale Siedlung auf palästinensischem Gebiet, die im Zuge des Grenzzaunbaus Netanyahus de facto in israelisches Staatsgebiet einverleibt wurde. Unsere Gastgeber haben sich vor etwa zwei Jahren dazu entschieden, das Haus mitsamt des zugehörigen Gartens zu mieten und die außergewöhnliche Lage der Farm zu nutzen, um langsam, aber stetig Kontakt zu Familien und Anwohnern auf der anderen Seite des Zauns aufzubauen und gemeinsam einen Food Forest „über den Zaun hinweg“ aufzubauen – mit dem Ziel durch unmittelbaren Kontakt ein Zeichen des Friedens und ein Netzwerk des Austauschs aufzubauen. Ein Frieden zwischen Israelis und Palästinensern, so sagten sie selbst, erscheint ihnen nur möglich, wenn die Menschen Beziehungen zueinander aufbauen und im Kleinen nach und nach jahrzehntealte Vorurteile abbauen können. Zu einem solchen Vorhaben, so habe ich hier inzwischen gelernt, gehören eine große Portion Mut, Ausdauer und vor allem aber Offenheit und ein großes Herz.
Das öffentliche Land zwischen dem Haus und dem Grenzzaun steht voll mit Olivenbäumen. Die Bäume gehören palästinensischen Familien, die vom israelischen Staat eine Sondergenehmigung bekommen, um nach Israel einreisen zu dürfen, um die Oliven zu ernten. Somit ist die israelische Regierung den Palästinensern zumindest dahingehend entgegengekommen.
Tierische Hofbewohner: Katzen und Hühner
Unser Arbeits“alltag“
Von einem Alltag
können wir hier eigentlich nicht so recht sprechen. Das Einzige, das jeden Tag
gleich ist, ist dass wir unsere Arbeit um 7.30 Uhr beginnen. Meist starteten
wir mit Instandhaltung und einer kurzen Besprechung des Tagesablaufs (so
manches Mal ergänzt um eine halbstündige Meditation, geleitet durch einen der
beiden). Bei der Instandhaltung fegen wir die Bereiche um das Haus und den Pool
herum und befreien alles von heruntergefallenen Blättern und Früchten (die
Oliven und Granatäpfel waren vor einigen Wochen erntereif, derer aber auch
äußerst zahlreich vertreten, sodass unsere Gastgeber gar nicht mehr wussten,
wohin damit) und bringen in die ein oder andere Ecke etwas mehr Ordnung, wobei
wir hier selbst entscheiden können, worauf wir unseren Fokus legen. An einem
Tag haben wir beispielsweise große Steinplatten im Garten von Erde und altem
Laub befreit und damit deutlich mehr begehbaren Weg geschaffen.
Sonntags, dienstags
und donnerstags machen wir gemeinsam mit unseren Gastgebern von etwa 8.30 bis
10.00 Uhr Yoga, was eine wunderschöne morgendliche Routine darstellt –
insbesondere nachdem man schon für etwa 45 Minuten draußen gearbeitet hat. In
Deutschland hatte ich mir immer vorgenommen, eine kurze Yogasequenz in meine
„Morgenroutine“, wie es auf Insta-Deutsch so gerne genannt wird, einzubauen,
bin aber kläglich an meinem inneren Schweinehund gescheitert und regelmäßig
viel zu spät zu Bett gegangen. Abgesehen davon, dass ich mich morgens noch vollkommen
unbeweglich und steif und überhaupt nicht wie ein Yogi fühle. Nach der ersten
Woche kamen dann noch montags und mittwochs, wenn auch unregelmäßig,
Zumba-Stunden von Krischan hinzu – herrlich! Gute-Laune-Musik, Tanzen und
fröhliche Menschen, denn Zumba macht gute Laune, am Morgen würde ich wirklich
gerne in meinen Alltag einbauen!
Anschließend beginnen wir wieder mit der Arbeit. Da für den Gemüseanbau Beete angelegt werden, haben wir in den ersten Tagen Erde abgebaut, von größeren Steinen befreit und in ein mit einer niedrigen Steinmauer umrissenes Beet geschafft. Später holten wir den Großteil der Erde für das Beet aus einer gut begehbaren Höhle, deren Boden sowieso ein paar Zentimeter tiefer gelegt werden sollte. In der zweiten Woche machten wir uns daran, den Hühnerstall mit einem Regenschutz zu versehen, gründlich auszumisten, mit Draht gegen grabende Eindringlinge zu verstärken und die Innenausstattung vielfältiger zu gestalten. Jetzt schlafen die Hühner im Trockenen und auf einer Stange – und natürlich schlafen alle eng gedrängt auf einer einzigen Stange, obwohl mehrere zur Verfügung stünden – und Eindringlinge haben keine Chance mehr. Auf das Ergebnis der Arbeit waren wir äußerst stolz und es hat uns ein paar Überstunden eingebracht, die wir später abfeiern durften.
Hühnerstall vor dem Umbau
Die dritte und größte Aufgabe besteht im Vergrößern der oben erwähnten Höhle. Sie liegt direkt unterhalb des Grundstücks auf dem öffentlichen Gelände, wird von unseren Gastgebern aber für Meditationen, Sitzkreise, Workshops und vieles mehr genutzt. Als wir ankamen, konnte man gerade so in der Mitte der Höhle stehen. Inzwischen haben wir teilweise bis zu 80 Zentimeter an Höhe gewonnen und dafür Unmengen an Steinen und Eimern an Erde herausgetragen. Bis zu unserer Abreise wollen wir eine neue Steintreppe gebaut und alles eingeebnet haben, sodass unsere Gastgeber die Höhle wieder für ihre Workshops anbieten können. Es ist schwere körperliche Arbeit, die Krischan und ich zum Großteil alleine bewältigt haben, aber äußerst genießen. In unserer dritten Woche hier hat es fast durchgängig stark geregnet, sodass wir in unsere Wohnung verbannt waren. Wir nutzten die Zeit für Recherchen über Organisationen für mögliche Kooperationen und Unterstützung für die Vorhaben unserer Gastgeber und bastelten Kinderspielzeug und Dekoration für die Kindertagesstätte, die hier aufgebaut werden soll. Aber uns fiel die Decke alsbald auf den Kopf, wollten wir doch gerade weg von der Arbeit im Sitzen am PC in Innenräumen. Umso mehr haben wir uns über Regenpausen gefreut, in denen wir uns trotz tropfender Höhlendecke mit Hacke und Schaufel austoben konnten. Seit einigen Tagen ist das Wetter wieder sonnig und trocken, sodass wir tagsüber im T-Shirt arbeiten können und die Gesichter langsam Farbe bekommen. Unser Gastgeber bezeichnete uns schon als lizards, zu Deutsch Echsen, da wir JEDE Möglichkeit nutzen, um Sonne zu tanken: Frühstück in der Sonne. Mittagessen in der Sonne. Kaffee- oder Teepause: ab in die Sonne! Wie habe ich das vermisst! Es tut mir wirklich leid, das an dieser Stelle sagen zu müssen, aber ein derart sonnenarmer Ort wie Clausthal wird mich so schnell nicht wiedersehen!
Neben der körperlichen Arbeit konnten wir beide unser Hobby, die Fotografie, zum Einsatz bringen. Wir hatten im Vorfeld überlegt, welche Fertigkeiten wir unseren jeweiligen Gastgebern anbieten könnten, denn handwerklich bringen wir vielleicht Geschick, aber keine gelernte Fertigkeit mit. Somit boten wir den beiden an, Fotos von der Farm zu machen, damit sie diese für ihre Webseiten und Facebook-Pages verwenden können. Schließlich machten wir an zwei Tagen ausführliche Fotoshootings mit den beiden und einer ihrer Freundinnen. Wir hatten dabei alle sehr viel Spaß und sind mit den Fotos zufrieden.
Hobbyfotograf beim Werk, hier: in Akko
Die Ernährungsumstellung
Seit wir hier sind ernähren wir uns fast ausschließlich vegan. Zu Beginn mehr aus Notwendigkeit heraus, inzwischen aber haben wir die pflanzenbasierte Ernährung sehr zu schätzen gelernt! Einerseits sind verarbeitete Lebensmittel äußerst teuer in Israel und zum anderen hatten wir in den ersten zwei Wochen hier auf dieser Farm keinen Kühlschrank, sodass wir uns im Supermarkt lediglich Pitabrot, Linsen, Reis, Gemüse und Tee kauften sowie Tahin (Sesampaste) und Hummus, damit das Essen nicht zu trocken ausfällt, abgesehen davon, dass Hummus und Tahin traumhaft schmecken! Wir sind inzwischen reich an selbst kreierten, kreativen, leckeren und gemüsereichen Gerichten. Auch unsere Gastgeber ernähren sich vegetarisch und kochen für uns äußerst Abwechslungsreiches zum Frühstück und zum Mittagessen. Bei unseren Ausflügen nach Tel Aviv und Akko hätten wir immer die Möglichkeit gehabt, auch Fleisch zu konsumieren, aber die fleischlosen Alternativen sprechen uns einfach mehr an! Aus dem Garten beziehen wir Zitronen, Pomelos und Zitronengras.
Quinoa-Ingwer-Honig Porridge mit Khaki-Kumquat-Kompott
Pasta mit Petersilienpesto
Linsen-Paprika-Salat und Süßkartoffel-Kürbis-Ofengemüse serviert mit Tahin-Zitronen-Sauce
Gefüllte Pita, Salat und Kumquat-Kompott als Frühstück im Bett <3
Gemischte Platte mit Kimchi, Hummus, Guacamole, Kartoffelsalat
Und wir so?
Die Frage, wie es uns mit unserer Entscheidung nach Israel zu gehen geht, kam nun schon öfter. Kurz beantwortet: ja, es ist eine Umstellung. Etwas ausführlicher gesagt: es ist eine größere Umstellung, als wir erwartet hatten. Die gewohnte Umgebung, aber auch die gewohnten Tätigkeiten und Freizeitbeschäftigungen sind weggefallen und wollen hier hinterfragt und eventuell ersetzt werden. Unwiederbringlich tun sich da die Fragen auf, wer wir eigentlich sind, was uns ausmacht und was uns wichtig ist. Darüber hinaus führt bei mir der Wegfall der alten Gewohnheiten zu Unsicherheit und innerer Unruhe – und das sage ich, die schon mehrfach für mehrere Monate im Ausland war, häufig umgezogen ist und sich immer wieder (gerne) ins kalte Wasser geworfen hat. Irgendwie war da in den vergangenen sechs Jahren in Clausthal wohl doch mehr Routine in mein Leben eingekehrt, als mir bewusst war. Und umso wohltuender sind die Veränderungen und damit einhergehenden Lernkurven. Nun ist fast ein Monat vergangen, seit wir in Tel Aviv gelandet sind. Wir sind uns selbst und unseren Bedürfnissen ein gutes Stück nähergekommen, durften viel über uns lernen und können ein vielseitigeres „Wir“ aufbauen. Unsere Gastgeber sind uns hier sicherlich auch eine Hilfe, denn die zwei sind äußerst selbstreflektierte, umsichtige und aufgeschlossene Gesprächspartner.
Leider brechen wir hier in wenigen Tagen unsere Zelte ab und machen uns auf zu einer anderen Farm weiter im Norden Israels, freuen uns aber, in unseren Gastgebern gute Freunde gefunden zu haben. Hoffentlich kommen wir bald zurück!
Die Namen unserer Gastgeber veröffentlichen wir aus privaten Gründen an dieser Stelle nicht.