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Blick auf den Fitz Roy (und der schönste Ort für eine Nacht im Zelt)

Von El Calafate aus fuhr ich mit meinem Mietwagen nach El Chaltén: durchgängig asphaltierte Straße, viele Fahrrad- und Motorradfahrer, sehr viel Wind, ein toller Blick auf das Massiv rund um den Fitz Roy und WLAN unterwegs in einer Schutzhütte. Ein Teil des Weges ist die Ruta 40, die längste Straße Argentiniens und wird gerne als Rückgrat der Nation bezeichnet.

Fitz Roy Massiv im Nationalpark Los Glaciares

Kleiner Exkurs zur Ruta 40 (ruta cuarenta): Da ich gerade im Bus nach Los Antiguos sitze, etwa 700 km nördlich von El Calafate, kann ich mit fug und recht über die Ruta 40 sagen: ich verstehe nicht, warum man diese Straße freiwillig mit dem Fahrrad fahren würde. Oder überhaupt fahren will. Es ist trockene Pampa, größtenteils unbefestigte Straße und man sieht ab und an einen größeren blauen See oder Gruppen von Guanacos. Mehr gibt es hier nicht. Auch keine Tankstellen oder Rastplätze.

Zurück zu El Chaltén. Diese Kleinstadt erinnert mich an Whistler, nur in etwas weniger glanzvoll. Die Stadt ist voll mit Wanderern und Outdoor-Fans, es gibt zwei, drei Outdoorläden, in denen man das Wichtigste bekommt, viele beer bars mit Après-Ski-Flair und einige Agenturen, die Outdoor-Aktivitäten von Wandern, Klettern über Reiten und Gletscherbegehungen noch vieles Weitere anbieten. In El Chaltén könnte man ohne Weiteres zwei Wochen Wanderurlaub machen. Wenn ich mehr Zeit (und Geld) hätte, wäre ich hier gerne länger geblieben.

Blick von Norden auf El Chaltén

Da ich von unterschiedlichsten Leuten von der Wanderung zur Laguna de los Tres gehört hatte, steht diese primär auf meinem Plan. Ich parke gegen 16 Uhr das Auto am nördlichen Ende der Stadt auf einem großen Parkplatz, packe meinen Rucksack, fülle Wasser auf und gehe los. Nach knapp 1,5h erreiche ich die Laguna Capri, und damit einen offiziellen Zeltplatz. Da mir auf dem Weg nach oben viele Menschen entgegen kamen, teilweise auch mit Campingsausrüstung ausgestattet, habe ich etwas Sorge keinen Platz für mein Zelt mehr zu finden, da es schon recht spät ist.

Der Ausblick von der Laguna Capri ist umwerfend, und das Wetter erlaubt einen komplett freien Blick auf den Fitz Roy – was, wie ich im Nachhinein erfahren habe – nicht so oft gegeben ist. Ich finde noch einen guten Stellplatz, der nicht schon von anderen Zelten umringt ist. Nebenan am Zelt trifft eine Gruppe junger Frauen ein, Studentinnen aus Buenos Aires. Sie sprechen mich an und bieten mir ihren noch viel besseren Stellplatz an, da sie die Tour bereits hinter sich haben und nach El Chaltén absteigen wollen. Jackpot! Der neu gewonnene Platz ist windgeschützt und hat durch ein paar Bäumchen hindurch direkten Blick auf den See und den Fitz Roy. Es ist, ohne zu übertreiben, für mich der schönste Zeltplatz, an dem ich je war.

Gerade als ich anfange mein Zelt aufzubauen, kommt eine sehr hektische Chinesin auf mich zu und bittet mich um Hilfe. Sie hält einen Zettel in der Hand, auf dem in Englisch und Spanisch etwas geschrieben steht, ich solle ihr bitte helfen zu erklären, was da steht, denn ihr Englisch sei nicht so gut. Mit Händen und Füßen erkläre ich ihr, dass ihr Zelt außerhalb der erlaubten Campingfläche steht und man sie bittet, das Zelt abzubauen und den selbstgebauten Windschutz aus Totholz zurückzubauen. Sie wird noch hektischer, denn sie erklärt mir, dass sie das Zelt nicht abbauen kann, da ihre Freunde in dieser Nacht nah am Fitz Roy übernachten, um ihn am nächsten Tag zu besteigen. Sie selbst müsse in die Stadt absteigen, da sie am Berg einen ihrer Schuhe verloren hatte (ob Kletterschuh oder Steigeisen, finde ich nicht heraus). Das bedeutete für sie natürlich das Ende  der Tour. Sie will am nächsten Tag kommen und das Zelt abbauen. Ich verspreche ihr, eine Antwort auf Englisch auf das Papier zu schreiben, damit die Parkranger Bescheid wissen. Vor lauter Erleichterung fällt sie mir um den Hals und die Tränen fangen an zu kullern. Ich kann nur vermuten, was der erzwungene Abstieg für sie bedeutet haben muss. Wir unterhalten uns, so gut es geht, noch eine Weile, sie heißt Han Han, und gegen 21 Uhr baue ich schließlich mein Zelt auf. Schnell Pasta kochen, Sauce Quattro Formaggi dazu und ab ins Bett. Wasser kann ich mit meinem Wasserfilter unten am See auffüllen. Andere nutzen das Wasser direkt als Trinkwasser.

Am nächsten Tag steige ich nach Kaffee und Müsli zur Laguna de los Tres auf, 7 km und knapp 2 h dauert es. Der Blick auf den Fitz Roy soll den gesamten Tag fantastisch bleiben und so steigen gemeinsam mit mir sehr viele Leute auf. Ich hatte noch am Vorabend überlegt, nachts wieder zum Sonnenaufgang aufzusteigen, entschied mich aber aufgrund von Müdigkeit dagegen.

Die Wanderung ist abwechslungsreich und  auf den letzten 3-4 km steil und steinig. Oben angekommen, erfreue ich mich am freien Blick auf den Fitz Roy und den darunter liegenden kleinen See. Ich gehe links um den See herum auf eine Anhöhe und kann von dort auf einen weiteren, deutlich tiefer liegenden Bergsee und zudem auf den Gletscher Río Blanco schauen. Wunderschön!

Laguna de los Tres

Ein deutsches Ehepaar neben mir spricht über zwei Bergsteiger, die sie auf dem gegenüberliegenden Schneefeld mit ihrem Fernglas entdeckt haben. Ich darf auch mal hindurchschauen, sehe die zwei Bergsteiger und etwas weiter unten ihr knallrot leuchtendes Zelt. Ob das wohl die zwei Freunde von Han Han sind?

Gegen Mittag steige ich wieder ab, koche mir am Zeltplatz Wasser für einen Kaffee und just, als ich mich hinsetze, sehe ich Han Han. Sie freut sich unbändig mich zu sehen, denn sie hat mir Geschenke mitgebracht. Unglaublich! Sie schenkt mir ihre Lieblingssuppen und Gewürzmischungen, die sie sich aus China mitgebracht hat. Ich versuche ihr zu versichern, dass das nicht nötig gewesen wäre, bin aber nicht erfolgreich. Ich freue mich sehr darüber, denn ich mochte das Essen in China immer sehr. Gewürz für Tomate-Ei-Suppe? Mega! Wir tauschen unsere E-Mail-Adressen und Handynummern aus und gehen dazu über, unsere Zelte abzubauen. Eine halbe Stunde später der Abschied und eine Umarmung und ich kehre nach El Chaltén zurück. Ich habe mich ehrlich gefreut, sie nochmal zu treffen und Kontaktdaten austauschen zu können.

Für die Nacht habe ich noch keine Unterkunft, und so entscheide ich, in einer der beer bars Halt zu machen und deren WLAN zu nutzen – so gut es eben funktioniert. Bei einem Bier natürlich. Ich frage ein Pärchen, das alleine an einem Tisch sitzt, ob ich mich dazusetzen dürfte. Sofort entspann sich eine Unterhaltung, sie kamen aus Chile, Punta Arenas, um einen Mietwagen abzuholen. Die Frau arbeitet in einem Mietwagenverleih und der Kunde, der den Mietwagen hatte stehen lassen, hatte den Schlüssel verloren. Da er an seine Sachen musste, hat er ein Fenster eingeschlagen und sich vom Acker gemacht. Geschichten gibt es… Kurze Zeit später kam noch ein Kollege der Frau zum Tisch. Die drei hatten beschlossen, zusammen das Auto zu holen und gleichzeitig das Wochenende in El Chaltén zu genießen. Nachdem das erste Bier getrunken war, verlegten wir in eine andere Bar. Wir bestellten etwas Fingerfood. Ich ging kurz in die Unterkunft gegenüber, um nach einem Zimmer zu fragen, und kehrte mit einem Schlüssel zurück. Perfekt, so war die Nacht auch gesichert. Ich hatte einen wunderbaren Abend. Wir tauschten Kontaktdaten aus und Eloy, Christian und Ala gaben mir noch Tipps für den nördlicheren Teil der Carretera Austral, da das mein nächstes Ziel sein wird. Ich habe einen Bus nach Los Antiguos gebucht und hoffe, dass ich von dort bis nach Chaitén komme. Unterwegs möchte ich die Marmorhöhlen von Río Tranquilo und den Pumalín-Park besuchen.

Den dritten Tag in El Chaltén gehe ich ganz gemütlich an, denn die kleine Blase am kleinen Zeh hat sich zu einem Monster entwickelt und ich möchte meinen Füßen nicht noch mehr zumuten. Stattdessen bringe ich meine Kleidung zur Wäscherei, betanke das Auto, recherchiere für meine weitere Reise und kaufe pinke Crocs, da meine Flipflops kaputt gegangen sind. Es sind meine ersten Crocs und die Farbe konnte ich mir nicht aussuchen. Es gab nur dieses eine Paar in meiner Größe. Zumindest ist es ein Erkennungsmerkmal.

Jetzt sitze ich schon 9 Stunden im Bus von El Calafate nach Los Antiguos, habe noch 6 Stunden vor mir und hoffe, bald noch etwas schlafen zu können. Es

Es folgen noch ein paar Fotos vom Fitz Roy…

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1 Kommentar

  1. Sarah 24. Januar 2024

    Schöne Begegnungen und die Bilder werden schöner und schöner…

    Jetzt sind auch die pinken Crocs erklärt;)

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